Regionale Märchen

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Regionale Märchen

Das sagt die Autorin über das Modul

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Charlotte Böttcher

Moin Moin!

Hast du schon einmal mit Plattdeutsch zu tun gehabt? In Hamburg, wo ich herkomme, verstehen die meisten Leute etwas „Platt“ – es gehört dort einfach dazu. Vielleicht geht es dir ebenso. Vielleicht bist du aber auch noch nie mit Plattdeutsch in Berührung gekommen. Das ist kein Grund zur Sorge: In diesem Modul hast du die Gelegenheit, ein regionales Märchen zu untersuchen und dabei die plattdeutsche Sprache näher kennenzulernen. Ich bin mir sicher, dass dir das gelingen wird, und bin gespannt, wie viel Plattdeutsch du auf Anhieb verstehen kannst!

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Die Geschichten, die in Märchen erzählt werden, sind für gewöhnlich weder zeitlich noch räumlich festgelegt: „Es war einmal, vor langer Zeit, in einem fernen Land ...“ Manche Märchen wurden aber in einer Sprache aufgeschrieben, die man einer bestimmten Region zuordnet, und so doch regional verankert.
In diesem Kapitel lernst du ein plattdeutsches Märchen kennen, bei dem man sofort an Norddeutschland denkt: „Vun de Fischer un sien Fru“ – „Vom Fischer und seiner Frau“. Denn man tau!

Information für Lehrkräfte

Inhalt und Ziele des Kapitels

In diesem Kapitel haben Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, sich mit einem wichtigen Teil regionaler Kultur auseinanderzusetzen und vertrauter zu machen.
Anhand eines norddeutschen Märchens kommen sie mit der plattdeutschen Sprache, ihrem Klang und ihrer Schriftform in Berührung. Dabei soll es darum gehen, sich dem zunächst Fremden auf intuitive Weise anzunähern und Berührungsängste abzubauen.

Die Annäherung an das Plattdeutsche ist aus mehreren Gründen sinnvoll:

  • Die Beschäftigung mit der Regionalsprache fördert die Aufgeschlossenheit der Schülerinnen und Schüler im Umgang mit ihnen nicht oder wenig bekannten Elementen der eigenen Kultur.
  • Plattdeutsch gehört nach wie vor zur norddeutschen Identität und ist durch die europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen als schützenswertes kulturelles Erbe anerkannt.
  • Plattdeutsch erleichtert den Zugang zur regionalen Geschichte. Es war Verkehrssprache der Hanse und findet sich heute in historischen Dokumenten noch ebenso wie in Inschriften an Kirchen oder Gebäuden sowie in vielen alten Orts-, Straßen- und Familiennamen.
  • Als westgermanische „Brückensprache“ weist Plattdeutsch viele Ähnlichkeiten zu Englisch, Niederländisch und den skandinavischen Sprachen auf.
  • Schülerinnen und Schüler können von einem breiten kulturellen Angebot in der plattdeutschen Regionalsprache in Radio, Fernsehen, Theater und im Internet profitieren. Hinweise auf entsprechende Sendungen und Veranstaltungen finden sich etwa hier.
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Zur Zeit der Hanse war Plattdeutsch die wichtigste Sprache in Norddeutschland. Die Menschen sprachen und schrieben Plattdeutsch. Heute beherrschen noch knapp fünf Millionen Menschen in Deutschland die plattdeutsche Sprache. Einer davon hat an diesem Kapitel mitgearbeitet. Höre selbst:

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Lerne den Fischer und seine Frau kennen

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Bild von Otto Ubbelohde: Der Fischer beim Angeln
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Urheber: Otto Ubbelohde

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:The_Fisherman_and_His_Wife?uselang=de#/media/File:Otto_Ubbelohde_-_Von_dem_Fischer_un_syner_Fru.jpg

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So stellte sich der Maler Otto Ubbelohde den Fischer im Märchen vor.

Hier kannst du dir den Anfang des Märchens vom Fischer und seiner Frau auf Plattdeutsch anhören:

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Vun de Fischer un sien Fru

Gesamt-Audioaufnahme

Hier finden Sie den auf Plattdeutsch eingesprochenen Märchentext in voller Länge.

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Wovon wird hier erzählt?

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Höre dir den Beginn des Märchens auf Plattdeutsch an (Element 3) und finde heraus, wie viel du auf Anhieb verstehen kannst.

1. Schritt

Beantworte die Frage. 

Wo wohnen der Fischer und seine Frau? 

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2. Schritt

Klicke auf die richtige Antwort. 

Was macht der Fischer jeden Tag? 

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3. Schritt

Lies die Sätze. Ziehe die Wörter in die passenden Felder. 

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4. Schritt

Wähle die richtige Antwort. 

Der Butt erzählt dem Fischer, er sei eine gute Fee. 

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5. Schritt

Wähle die passende Antwort aus. 

Was soll der Fischer im Namen seiner Frau von dem Fisch erbitten? 

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6. Schritt

Ist die Aussage richtig oder falsch? 

Der Butt erfüllt der Frau des Fischers ihren Wunsch. 

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7. Schritt

Warum Plattdeutsch?


Tauscht euch über das Gehörte aus.

  1. Wie wirkte das Märchen im Plattdeutschen auf euch? Beschreibt die Wirkung der Sprache in einigen Stichworten.
  2. Leitet aus euren Eindrücken mögliche Gründe dafür ab, dass das Märchen vom Fischer und seiner Frau auf Plattdeutsch aufgeschrieben wurde.
§ Cc4
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Auswertung
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Zur Geschichte des Märchentextes

Die erste schriftliche Fassung des Märchens vom Fischer und seiner Frau stammt von Philipp Otto Runge, einem bekannten deutschen Maler. Er schrieb das Märchen 1806 in pommerschem Dialekt auf, also auf Plattdeutsch. Als er vom Märchen-Projekt der Brüder Grimm erfuhr, gab er das Märchen an sie weiter. Die Grimms freuten sich, denn das plattdeutsche Märchen passte gut zu ihrem Ziel, den mündlichen Charakter der Märchen zu erhalten. So nahmen sie es in ihre Sammlung auf.

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1. Schritt

Ein plattdeutscher Märchentext 


  1. Hört euch jetzt das Märchen vom Fischer und seiner Frau auf Hochdeutsch an.
  2. Lest dann gemeinsam den plattdeutschen Text und versucht zusammen nachzuvollziehen, an welcher Stelle des Textes welcher Teil der Handlung beschrieben wird.
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Auswertung
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So klingt das Märchen vom Fischer und seiner Frau auf Hochdeutsch:

Der Fischer im Gespräch mit dem Fisch
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https://librivox.org/maerchen-by-grimm-1/

PD
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Plattdeutsch orientiert sich auch in der Schreibung an der mündlichen Sprechweise.
Hier findest du den plattdeutschen Märchentext in schriftlicher Form. Du kannst ihn dir auch ausdrucken. 

Vun de Fischer un sien Fru (nach Philipp Otto Runge, 1812)

Überarbeitet von Uwe Nissen

1 Dor weern mol eens een Fischer un sien Fru, de wahnten2 tosaamen in een lüttje, oole, armseelge Fischerhütt3fuchti un stinken as een Nachtpott – dicht an de See,4 un de Fischer güng al Daage hen un angelt. Un he güng5 hen lange Tied. 6 So seet he ook eens bi de Angel un keek jümmers in7 dat blanke Waater rin. Un he seet un seet.8 Dor güng de Angel to Grund, deep ünner, un as he ehr9 hoochtruck, dor haalte he een groote Butt heruut.10 Dor sää de Butt to em: „Höör mol, Fischer, ick beed11 di, laat mi lewen, ick bün keen rechten Butt nich, ick12 bün een verwünschte Prinz. Wat helpt di dat, wenn du13 mi dootmaakst? Ick würr di doch nich recht smecken.14 Sett mi wedder in dat Waater un laat mi swemmen!“15 „Nu“, sää de Mann, „du bruukst nich so veel Wöörd to16 maaken, een Butt, de spreken kann, de harr ick doch17 wull swemmen laaten.“ Wieldess* sett he em wedder in18 dat blanke Waater. 19 De Butt güng foorts to Grund un leet een lange Striepen20 Bloot achter sick.21 Dor stunn de Fischer op un güng nah sien Fru in de22 armseelge Hütt.23 „Mann“, froog de Fru, „hest du vundaag nix fungen?“ 24 „Ne“, antert de Mann, „ick fung een Butt, de sää, he25 weer een verwünschte Prinz, dor heff ick em wedder swemmen26 laaten.“27 „Hest du di denn nix wünscht?“, froog de Fru.28 „Ne“, sää de Mann, „wat schull ick mi denn wünschen?“29 „Ach“, sää de Fru, „dat is doch öwel, hier man jümmers30 in de oole, armseelge Hütt to wahnen, dat stinkt hier31 un is so eekli. Du harrst uns doch een rechte Huus wünschen32 kunnt. Gah noch mol hen nah em un roop em. Segg em,33 wi wüllt een rechte Huus hebben, he deit dat för wiss.“34 „Ach“, sää de Mann, „wat schull ick dor nochmol hengahn?“35 „So“, antert de Fru, „du harrst em doch fungen un hest36 em wedder swemmen laaten, he deit dat för wiss. Gah37 glieks hen!“ 38 De Mann wull nich so recht, wull aawer sien Fru ook39 nich toweddern sien un güng hen nah de See. As he dor40 ankeem, weer de See ganz gröön un geel un gor nich mehr41 so blank. So güng he an‘t Waater, stunn dor un sää: 42 Manntje, Manntje, Timpe Te,43 Buttje, Buttje in de See,44 miene Fru, de Ilsebill, 45 will nich so as ick wull will.“ 46 Dor keem de Butt answummen un froog: „Na, wat will47 se denn?“48 „Ach“, antert de Mann, „ick harr di doch fungen hatt,49 nu sää mien Fru, ick harr mi doch wat wünschen schullt.50 Se mag nich mehr in unse oole, armseelge Hütt wahnen,51 se wull geern een rechte Huus.“52 „Gah man hen“, sää de Butt, „se hett dat all.“53 Dor güng de Mann hen, un sien Fru seet nich mehr in54 de oole Hütt. Dor stunn nu aawerst een rechte Huus,55 un sien Fru seet vör de Döör op een Bank. Dor nehm sien56 Fru em bi de Hand un sää to em: „Kumm man rin, süh,57 nu is dat doch veel better.“ 58 Dor güngen se rin, un in dat Huus weer een Vördääl59 un een lüttje herrliche Stuuv un een Kaamer, wo emme60 Bedd in stunn, un een Köök un een Spieskaamer, allens61 op dat beste, mit Geräten dortoo, un up dat scheunste62 opstellt, Tinntüüch un Mischen, allens wat sick dor-in63 höört. Un achtern weer ook een lüttje Hoff mit Höhner64 un Aanten, un een lüttje Goorn mit Grööntüüch un Aaft.65 „Süh“, sää de Fru, „is dat nich nett?“ 66 „Jo“, sää de Mann, „so schall dat blieven, nu wüllt67 wi recht vergnöögt leewen.“68 „Dat wüllt wi uns bedenken“, sää de Fru. Wieldess eeten69 se wat un güngen to Bedd.70 So güng dat wull een acht oder veertein Daag lang,71 dor sää de Fru: „Höör to, Mann, dat Huus is ook goor72 to eng, un de Hoff un de Goorn sünd to lütt. De Butt73 harr uns ook wull een gröttere Huus schenken kunnt.74 Ick much wull in een groote steenern Slott wahnen. Gah75 hen nah de Butt, he schall uns een Slott verschaffen.“76 „Ach Fru“, sää de Mann, „dat Huus is doch good noog,77 wat wüllt wi in een Slott wahnen.“ 78 „Ach wat“, sää de Fru, „gah du man hen, de Butt kann79 dat jümmers doon.“80 „Ne, Fru“, anter de Mann, „de Butt hett uns eerst dat81 Huus geeven, ick mag nu nich all wedder kaamen, de Butt82 künn dat verdreeten.“83 „Gah doch“, sää de Fru, „he kann dat recht good un84 he deit dat geern. Gah du man hen.“85 De Mann aawers weer sien Hart so swoor, un he wull86 nich. He sää bi sick sülven: „Dat is nich recht!“ He87 güng aawer liekers hen. 88 As he an de See keem, weer dat Waater heel vigelett89 un düsterblau un grau un dick, un gor nich mehr so gröön90 un geel, doch weer‘t noch still. Dor güng he an’t Waater,91 stunn dor un sää: 92 „Manntje, Manntje, Timpe Te,93 Buttje, Buttje in de See,94 miene Fru, de Ilsebill,95 will nich so as ick wull will.“ 96 „Na, wat will se denn?“, froog de Butt.97 „Ach“, sää de Mann, „se will in een groote steenern98 Slott wahnen.“99 „Gah man hen, se steiht all vör de Döör“, sää de Butt.100 Dor güng de Mann hen un dacht, he wull nah Huus gahn.101 As he aawer dor ankeem, so stunn dor'n groote steenern102 Palast, un sien Fru stunn baaven op de Trepp un wull103 jüst ringahn. Dor nehm se em bi de Hand und sää: „Kumm104 man rin.“ Mitdes güng he mit ehr rin, un in dat Slott105 weer een groote Dääl mit marmelsteenern Footborm, un106 dor weern so veel Deeners, de reeten de groote Döören107 op, un de Wänne weern al blank un mit scheune Topeten,108 un in de Rüüm weern luuter gölln Stöhl un Dischen, un109 kristallen Kroonlüchters hungen an de Böhn, un so weer110 dat in al de Stuuwen un Kaamers mit Teppichen. 111 Un dat Eeten un de allerbeste Wien stunn op de Dischen,112 swoor, as wenn se brääken wulln. Un achter dat Slott113 weer ook een groote Hoff mit Peer- und Kohstall, un114 Kutschwaagens op dat allerbeste, ook weer dor een groote115 staatsche Goorn mit de scheunste Bloomen un feine Appelbööm,116 un een Lustholt, wull een halve Miel lang, dor weern117 Hirschen un Rehen un Haasen binnen un allens, wat man118 sick jümmers wünschen mag. 119 „Na“, sää de Fru, „is dat nu nich scheun?“120 „Ach ja“, sää de Mann, „so schall dat ook blieven,121 nu wüllt wi ook in das scheune Slott wahnen un wüllt122 tofrääden sien.“123 „Dat wüllt wi uns bedenken“, sää de Fru, „un wi wüllt‘t124 dor-öwer slaapen.“ Mitdes güngen se to Bedd.125 De anner Morrn waakt de Fru toeerst op, dat wurr jüst126 Dag, un se seech ut emme Bedd dat wunnerscheune Land127 vör sick liggen. 128 De Mann reckt sick noch, dor stött se em mit de Ellbaagen129 in de Sied und sää: „Mann, stah op un kiek mol ut dat130 Finster. Süh, kunnen wi nich König warrn öwer al dat131 Land? Gah hen nah de Butt, wi wüllt König sien.“ 132 „Ach Fru“, antert de Mann, „wat wüllt wi König sien!133 Ick mag nich König sien.“134 „Na“, sää de Fru, „wullt du nich König sien, so will135 ick König sien. Gah hen nah de Butt, ick will König136 sien!“ 137 „Ach Fru“, sää de Mann, „wat wullt du König sien? Dat138 mag ick em nich seggen.“139 „Worüm nich?“, sää de Fru, „gah stracks hen, ick mutt140 König sien!“141 Dor güng de Mann hen un weer heel bedröövt, dat sien142 Fru König warrn wull. „Dat is nich recht un is nicht143 recht“, dacht de Mann. He wull eegens nich hengahn,144 güng awer liekers hen. 145 Un as he an de See keem, dor weer de See heel swartgrau,146 un dat Waater goor so vun ünnen herop un stunk ook ganz147 fuul. Dor güng he an‘t Waater, stunn dor un sää: 148 „Manntje, Manntje, Timpe Te,149 Buttje, Buttje in de See,150 miene Fru, de Ilsebill,151 will nich so as ick wull will.“ 152 „Na, wat will se denn?“, froog de Butt.153 „Ach“, antert de Mann, „se will König warrn.“154 „Gah man hen, se is dat all“, sää de Butt.155 Dor güng de Mann hen, un as he nah de Palast keem,156 so weer dat Slott veel grötter worrn, mit een groote157 Toorn un herrlich Zierraat dor-an, un de Schildwach158 stunn vör de Döör, un dor weern so veele Suldaaten un159 Pauken un Trumpeten. 160 Un as he in dat Slott keem, so weer dor allens vun161 pure Marmelsteen mit Gold un samten Deeken un groote162 gölln Quasten. 163 Dor güngen de Döören vun de Saal op, wo-in de ganze164 Hoffstaat weer, un sien Fru seet op een hooge Throon165 vun Gold und Demant un harr een groote gölln Kroon op166 – un dat Zepter in de Hand vun pure Gold un Edelsteen,167 un op beide Sieden bi ehr stunnen söss Jumfern in een168 Reeg, jed-een jümmers een Kopp lüttjer as de annere. 169 Dor güng he hen un stunn vör sien Fru und sää: „Ach170 Fru, büst du nu König?“ 171 „Ja“, anter de Fru, „nu bün ick König.“172 Dor stunn he und seech ehr an, un as he ehr so een173 Tiedlang ankeeken harr, sää he: „Ach Fru, wat lett dat174 scheun, wenn du König büst! Nu wüllt wi ook nix mehr175 wünschen.“176 „Ne, Mann“, sä de Fru un weer ganz unrohig, „mi waart177 de Tied un Wiel all lang, ick kann dat nich mehr uthoolen.178 Gah gau hen nah de Butt, König bün ick, nu mutt ick179 ook Kaiser warrn.“180 „Ach, Fru“, sää de Mann, „wat wullst du Kaiser warrn?“181 „Mann“, antert se, „gah nah de Butt, ick will Kaiser182 sien!“183 „Ach, Fru,“ sää de Mann, „Kaiser kann he nich maaken,184 ick mag de Butt dat nich seggen. Kaiser gifft dat man185 eenmal in´t Riek, Kaiser kann de Butt jo nich maaken,186 dat kann un kann he nich!“187 „Wat“, sää de Fru, „ick bün König, un du büst bloots188 mien Mann. Wullt du glieks hengahn?! Glieks geihst du189 hen! Kann he König maaken, kann he ook Kaiser maaken.190 Ick will un will Kaiser sien, glieks, nu gah all hen!“191 Dor muss he hengahn. As de Mann aawer hengüng, wurr192 em ganz bang, un as he so güng, dacht he bi sick sülvens:193 „Düt geiht un geiht nich good. Kaiser is to utverschaamt,194 de Butt ward am Enn mööd.“ 195 Mitdes keem he an de See, dor weer dat Waater swart196 un dick un füng all an, so von ünnen op to gäärn, dat197 dat Blaasen smeet, un dor güng so een Keekwind öwerhen,198 dat dat Waater sick man so köhrte. Un de Mann wurr gruuen.199 Dor güng he an‘t Waater, stunn dor un sää: 200 „Manntje, Manntje, Timpe Te,201 Buttje, Buttje in de See,202 miene Fru, de Ilsebill,203 will nich so as ick wull will.“ 204 „Na, wat will se denn?“, sää de Butt.205 „Ach Butt“, antert he, „mien Fru will Kaiser warrn.“206 „Gah man hen“, sää de Butt, „se is dat all.“207 Dor güng de Mann hen, un as he dor ankeem, so weer208 dat heele Slott vun poleerte Marmelsteen mit albasterne209 Figuren un gölln Zierraaten. Vör de Döör marscheerten210 de Suldaaten un se blaasten Trumpeten und sloogen Pauken211 un Trummeln. Aawer in dat Slott, dor güngen de Baronen212 un Graafen un Hertoogen man so as Bedeeners herüm. Dor213 maakten se em de Döören op, de vun luuter Gold weern.214 Un as he rinkeem, dor seet sien Fru op een Throon, de215 weer vun een Stück Gold, un weer bi twee Mieln hooch,216 un se harr een groote gölln Kroon op, de weer dree Elln217 hooch un mit Briljanten un Karfunkelsteen besett. In218 de eene Hand harr se dat Zepter un in de anner Hand219 de Rieksappel, un op beide Sieden bi ehr, dor stunnen220 de Trabanten so in twee Reegen, jümmers een lüttjer221 as de annere, von de allergrötteste Ries, de weer twee222 Mieln hooch, bet hen to de allerlüttste Dwaarg, de weer223 man so groot as mien lüttje Finger. Un vör ehr stunnen224 so veele Fürsten un Hertoogen. 225 Dor güng de Mann hen, stunn ünnen mank de Lüüd und226 sää: „Fru, büst du nu Kaiser?“227 „Jo“, sää se, „ick bün Kaiser.“228 Dor bleev he stahn un bekeek se sick so recht, un as229 he ehr so een Tiedlang ankeeken harr, so sää he: „Ach,230 Fru, wat lett dat scheun, wenn du Kaiser büst.“231 „Mann“, reep se, „wat steihst du dor so rüm? Ick bün232 nu Kaiser, nu will ick aawerst ook Paapst warrn, gah233 hen nah de Butt!“234 „Ach Fru“, antert de Mann, „watt wullst du man nich?235 Paapst kannst du nich warrn, Paapst gifft dat man eenmol236 in de Christenheit, dat kann he doch nich maaken.“237 „Mann“, reep se, „ick will Paapst warrn, gah glieks238 hen, ick mutt vundaag noch Paapst warrn!“239 „Ne, Fru“, sää de Mann, „dat mag ick em nich seggen,240 dat geiht nich good, dat is to groff, to´n Paapst kann241 de Butt nich maaken.“242 „Mann, wat´n Snack!“, reep de Fru. „Kann he Kaiser243 maaken, kann he ook Paapst maaken. Gah foorts hen, ick244 bün Kaiser, un du büst man bloots mien Mann, wullt du245 wull hengahn?!“246 Dor wurr he bang un güng hen, em weer aawer ganz flau,247 un he beewert, un de Kneen un de Waaden slakkerten em. 248 Un dor streek so'n Wind öwer dat Land, un de Wulken249 floogen, as dat düüster wurr gegen Aavend. De Blääder250 weihten vun de Bööm un dat Waater güng un bruuste, as251 kaakte dat, un platschte an dat Över, un vun feern seech252 he de Scheepen, de schooten in emme Noot un danzten253 un sprungen op de Bölgen. Doch weer de Heeven noch so254 een bääten blau in de Meern, aawers an de Sieden, dor255 truck dat so recht rood op as een swoor Gewidder. 256 Dor güng he hen, stunn dor vertwievelt in sien Bang257 un sää:  258 „Manntje, Manntje, Timpe Te,259 Buttje, Buttje in de See,260 miene Fru, de Ilsebill,261 will nich so as ick wull will.“ 262 „Na, wat will se denn?“, froog de Butt.263 „Ach“, antert de Mann, „se will Paapst warrn.“264 „Gah man hen, se is dat all“, sää de Butt.265 Dor güng he wedder hen, un as he dor ankeem, so weer266 dor sowat as en groote Kark mit luuter Palastens ümgeven.267 Dor drängte he sick dör dat Volk. Inwennig weer aawer268 allens mit duusend un duusend Lichten belücht, un sien269 Fru weer in luuter Gold kleedet, un seet noch op een270 veel höögere Throon un harr dree groote gölln Kronen271 op, un üm ehr rüm dor weer so veel vun geistliche Staat,272 un op beide Sieden bi ehr, dor stunnen twee Reegen Lichten,273 dat gröttste so dick un groot as de allergröttste Toorn,274 bet to dat allerlüttste Köökenlicht; un al de Kaisers275 un de Königen, de leegen vör ehr op de Kneen und küssten276 ehr de Tüffeln.277 „Fru“, sää de Mann un keek se so recht an, „büst du278 nu Paapst?“279 „Jo“, sää se, „ick bün Paapst.“280 Dor güng he nah ehr hen, stunn un seech in ehr Gesicht,281 un dat weer as wenn he in de helle Sunn kieken dää.282 As he sick ehr een Tiedlang so ankeeken harr, dor sää283 he: „Ach, Fru, wat lett dat scheun, wenn du Paapst büst!“284 Se seet aawer ganz stief as een Boom, un rippelt un285 röhrte sick nich. 286 Dor sää he: „Fru, nu si tofrääden, nu dat du Paapst287 büst, nu kannst du doch nix mehr warrn.“288 „Dat will ick mi bedenken“, sää de Fru. Mitdes güngen289 se beid to Bedd, aawer se weer nich tofrääden, un de290 Gierigheit leet se nich slaapen, se dacht jümmers, wat291 se noch warrn wull. 292 De Mann sleep recht good un fast, he harr an de Dag293 veel loopen, de Fru aawer kunn gor nich inslaapen, un294 smeet sick von een Sied op de anner de ganze Nacht un295 dacht man jümmers nah, wat se wull noch warrn kunn,296 un kunn sick liekers op nix mehr besinnen. 297 Mitdes wull de Sünn opgahn, un as se dat Morrnrood298 sehn dää, richt se sick in ehr Bedd op un keek dor rin.299 Un as se ut dat Finster de Sunn so opkaamen seech,300 dacht se: „Ha, kunn ick nich ook de Sunn un de Maand301 opgahn laaten?“302 „Mann“, sää se un stött em mit de Ellbaagen in de Rippen,303 „waak op, gah hen nah de Butt, ick will warrn as de304 leewe Gott.“305 De Mann weer noch meist in Slaap, aawer he verfehrte306 sick so, dat he ut sien Bedd full. He meente, he harr307 sick verhöört, un reev sick de Oogen ut un sää: „Ach,308 Fru, wat seggst du dor?“309 „Mann“, antert se, „wenn ick nich de Sunn un de Maand310 opgahn laaten kann, un mutt dat so ansehn, dat de Sunn311 un de Maand opgaht, dat kann ick nich uthoolen un heff312 keen rohige Stünn mehr, wieldat ick se nich sülven opgahn313 laaten kann.“ Dorbi seech se em so recht grääsig an,314 dat em dat as een Schuuer öwerleep: „Glieks geihst du315 hen, ick will warrn as de leewe Gott!“316 „Ach Fru“, sää de Mann, un full vör ehr op de Kneen,317 „dat kann de Butt nich. Kaiser un Paapst kann he maaken,318 ick beed di, goh in di un bliev Paapst!“ Dor keem se319 in´e Brass, de Haar floogen ehr so wild üm de Kopp,320 dor reet se sick dat Lievken op un geev dat een mit321 de Foot un schreech: „Ick hool dat nich ut, un hool322 dat nich länger ut! Wullt du wull hengahn!“323 Dor truck he sick de Büxen an un leep wech as unsinnig.324 Buuten aawer güng de Storm, un bruuste, dat he kuum325 op de Fööt stahn kunn. De Hüüser un de Bööm weihten326 um, un de Bargen beevten, un de Felsenstücken rullten327 in de See, un de Heeven weer pickswart, un dat dunnert328 un blitzt, un de See güng in so hooge swarte Bölgen329 as Karktoorns un as Bargen, un se harrn baaven al een330 witte Kroon vun Schuum op. So schreech he un kunn sien331 eegen Woord nich höörn: 332 „Manntje, Manntje, Timpe Te,333 Buttje, Buttje in de See,334 miene Fru, de Ilsebill,335 will nich so as ick wull will.“ 336 „Na, wat will se denn?“, sää de Butt. 337 „Ach“, reep he, „se will warrn as de leewe Gott.“ 338 „Gah man hen, se sitt all wedder in de oole armseelge339 Hütt.“ – Un dor sitten se jümmers noch bet op düssen340 Dag.

Vun de Fischer un sien Fru (nach Philipp Otto Runge, 1812), überarbeitet von Uwe Nissen

Untersuche den plattdeutschen Märchentext

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Einen Märchentext, der in einer Regionalsprache aufgeschrieben wurde, zu untersuchen, ist natürlich anspruchsvoll. Aber du kannst das bestimmt! Schaue dir den plattdeutschen Text näher an und lerne die plattdeutsche Sprache besser kennen. Dein Wissen über andere Märchen und andere Sprachen können dir dabei helfen.

Zunächst geht es um den Erzählstil. Kannst du im plattdeutschen Text den klassischen Märchenton wiederfinden?

1. Schritt

Merkmale des Märchentons

Erinnerst du dich noch, welche Merkmale den typischen Märchenton prägen?

§ Cc4
2. Schritt

Erkennst du die Merkmale des Märchentons?

Auch wenn du im Alltag kein Plattdeutsch sprichst, verstehst du wahrscheinlich genug, um im Text die typischen Merkmale des Märchentons zu erkennen.

Ordne den Sätzen die Märchenton-Merkmale zu, die du darin findest.

§ Cc4
Auswertung
10

Dem Sinn nach hast du den plattdeutschen Text jetzt bereits erfasst. Wenn du nun noch einzelne Worte besser verstehen möchtest, kann dein Englisch dir helfen. 

1. Schritt

Vergleiche Plattdeutsch, Englisch und Hochdeutsch

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Ergänze die Tabelle.

§ Cc4
Auswertung
11

Du siehst: Zwischen den plattdeutschen und englischen Wörtern bestehen oft Ähnlichkeiten. Plattdeutsch, Englisch und Hochdeutsch zählen alle drei zur Gruppe der westgermanischen Sprachen. Innerhalb dieser Sprachgruppe ist Plattdeutsch sogar enger mit Englisch verwandt als mit Hochdeutsch!

Betrachte die Märchenfiguren: den Fischer, seine Frau und den Butt im Meer

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Das Märchen ist nach dem Fischer und seiner Frau benannt, aber natürlich spielt auch der Butt eine wichtige Rolle. 
An dieser Stelle kannst du die drei Märchenfiguren noch einmal genauer betrachten.

Informationen für Lehrkräfte

Verfilmung des Märchens

Zur Einstimmung auf die nähere Betrachtung der einzelnen Figuren und ihrer Entwicklung können Sie an dieser Stelle einen Filmausschnitt aus der NDR-Verfilmung des Märchens von 2013 zeigen (Minute 25:00 bis 27:30).
Sie finden die vollständige Verfilmung hier in der ARD-Mediathek.

Zum empfohlenen Ausschnitt von Minute 25:00 bis 27:30:
Das Märchen vom Fischer und seiner Frau beschreibt eine Entwicklung; die Wiederholungen in der Handlung stellen dabei die Veränderungen besonders heraus. Ungefähr in der Mitte des Märchens möchte die Frau des Fischers Königin werden. An dieser Stelle in der Geschichte wird der Wandel bereits deutlich: Die Fischersfrau wird zunehmend zickig und über dem Meer braut sich ein Unwetter zusammen.

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1. Schritt

  1. Teilt euch in Gruppen mit jeweils drei bis vier Mitgliedern auf.
  2. Bearbeitet in den Gruppen jeweils entweder die Fragen zum Fischer, die Fragen zu seiner Frau oder die Fragen zum Butt im Meer.
    Begründet eure Antworten möglichst anhand des plattdeutschen Textes.
  3. Tragt eure Ergebnisse zusammen und haltet sie schriftlich fest.
  • Wie reagiert der Fischer, als der Butt erstmals zu ihm spricht und seinen Wunsch äußert?

  • Wie verändert sich das, was der Fischer über die Wünsche seiner Frau denkt?

  • Wie verändert sich im Verhältnis dazu sein Handeln?

  • Wie würdet ihr den Charakter des Fischers zusammenfassend beschreiben?

Der Fischer

Beantwortet folgende Fragen:

  • Wie reagiert der Fischer, als der Butt erstmals zu ihm spricht und seinen Wunsch äußert?
  • Wie verändert sich das, was der Fischer über die Wünsche seiner Frau denkt?
  • Wie verändert sich im Verhältnis dazu sein Handeln?
  • Wie würdet ihr den Charakter des Fischers zusammenfassend beschreiben?
Schreibstube zur Aufgabe
  • Wie verändern sich ihre Wünsche?

  • Wie verändert sich ihre Laune?

  • Wie lange bleibt sie jeweils mit der aktuellen Situation zufrieden?

  • Wie würdet ihr den Charakter der Fischersfrau zusammenfassend beschreiben?

Die Frau des Fischers

Beantwortet folgende Fragen:

  • Wie verändern sich ihre Wünsche?
  • Wie verändert sich ihre Laune?
  • Wie lange bleibt sie jeweils mit der aktuellen Situation zufrieden?
  • Wie würdet ihr den Charakter der Fischersfrau zusammenfassend beschreiben?
Schreibstube zur Aufgabe
  • Was wünscht sich der Butt zu Beginn der Geschichte vom Fischer?

  • Wie reagiert der Butt auf die Wünsche der Fischersfrau?

  • Wie verändert sich das Meer von einem Gespräch des Fischers mit dem Butt zum nächsten?

  • Wie würdet ihr den Butt und das ihn umgebende Meer zusammenfassend beschreiben?

Der Butt im Meer

Beantwortet folgende Fragen:

  • Was wünscht sich der Butt zu Beginn der Geschichte vom Fischer?
  • Wie reagiert der Butt auf die Wünsche der Fischersfrau?
  • Wie verändert sich das Meer von einem Gespräch des Fischers mit dem Butt zum nächsten?
  • Wie würdet ihr den Butt und das ihn umgebende Meer zusammenfassend beschreiben?
Schreibstube zur Aufgabe
§ Cc4
Auswertung
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Butt und Fischer im Gespräch
§

Urheber: Anne Anderson (1874-1930)

https://de.wikipedia.org/wiki/Vom_Fischer_und_seiner_Frau#/media/Datei:The_Fisherman_and_His_Wife_-_Anne_Anderson.jpg

Cc4

Der Butt spricht zum Fischer.

Sprechende Tiere kommen in Märchen häufig vor. Der Goldbutt als regionales Tier fügt sich stimmig in das norddeutsche Märchen vom Fischer und seiner Frau ein. Er passt jedoch noch aus einem weiteren Grund sehr gut hierher.

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1. Schritt
Pleuronectes platessa - die Scholle
§

https://picryl.com/media/pleuronectes-platessa-d4d037

Cc4

So sieht ein Goldbutt aus. Das Tier wird auch Scholle oder einfach „Plattfisch“ genannt. Der Plattfisch hat eine Ober- und eine Unterseite. Bei erwachsenen Tieren liegen beide Augen auf der farbigen Oberseite des Körpers. Die weiße Unterseite des Fisches heißt deshalb auch Blindseite.

Der Goldbutt

Sieh dir den Butt auf dem Bild an. Er hat zwei ganz verschiedene Körperhälften.

Finde mögliche Gründe dafür, dass in diesem Märchen ausgerechnet der Butt als Wunscherfüller auftritt und das Ende der Geschichte bestimmt.

§ Cc4
Auswertung

Informationen für Lehrkräfte

Lösungsvorschlag: Der Butt im Märchen vom Fischer und seiner Frau

Der erwachsene Butt hat zwei verschiedene Körperhälften, auf der einen Seite hat er „alles“, auf der anderen „nichts“.
Deshalb kann der Butt als ein Symbol für die Unausgewogenheit betrachtet werden, die in dem Märchen beschrieben wird:

  • Die Frau des Fischers will alles bestimmen, ihr Mann tut nichts dagegen.
  • Die Frau bekommt zunächst alles, was sie fordert, doch am Ende hat sie wieder nichts.

Ende schlecht – alles gut?

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Das Ende des Märchens vom Fischer und seiner Frau ist ungewöhnlich. Wenn der Butt ein verwunschener Prinz ist, warum wird er am Schluss nicht in seine menschliche Gestalt zurückverwandelt, wie sonst üblich? Und warum müssen der Fischer und seine Frau bis ans Ende ihrer Tage so wenig märchenhaft in Armut leben?

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1. Schritt

Und die Moral von der Geschicht'?


Den Schluss des Märchens kann man auf unterschiedliche Weise interpretieren.
Diskutiert gemeinsam in der Klasse.

  • Findet ihr das Ende des Märchens gerecht? 
2. Schritt

Erfindet einen eigenen Schluss


  1. Denkt euch selbst einen Schluss für das Märchen aus, den ihr als passend empfindet.
  2. Stellt euch eure Gruppenergebnisse gegenseitig vor.
    Ihr könnt den anderen Gruppen eure Schlussversion auch mit verteilten Rollen vorspielen.
§ Cc4
Auswertung
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Ich hoffe, es hat dir Spaß gemacht, das Märchen vom Fischer und seiner Frau sowie die plattdeutsche Sprache besser kennenzulernen.
Tschüs und hool di!