Shaun Tan: „Kaputte Spielsachen“

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Shaun Tan: „Kaputte Spielsachen“

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Kaputte Spielsachen

von Shaun Tan

1 Ich weiß, du glaubst, du hast ihn als Erster gesehen,2 aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es war –3 er war da drüben bei der Unterführung und hat sich die4 mit Graffiti vollgemalte Wand entlanggetastet, und ich5 habe gesagt: »Schau mal, da ist was, das siehst du nicht6 jeden Tag.«7 Also, wir haben ja auch schon vorher so einige Verrückte8 gesehen, »vom Leben gezeichnet«, wie du mal gesagt hast.9 Aber dem Typen da muss was ziemlich Merkwürdiges widerfahren10 sein, dass er auf die Idee gekommen ist, an einem totenstillen11 Feiertag in einem Raumanzug herumzulaufen.12 Wir duckten uns hinter einem Briefkasten, um ihn besser13 betrachten zu können. Von Nahem war es sogar noch verwirrender;14 der Raumanzug war mit Krebsen und so Zeug aus dem Meer15 überzogen und tropfnass, trotz der sengenden Sommerhitze.16 »Das ist kein Raumanzug, du Trottel«, hast du geflüstert.17 »Das ist so ein altmodischer Taucheranzug, wie ihn die18 Perlentaucher im Norden benutzt haben. Weißt schon,19 in den alten Zeiten, als sie die Taucherkrankheit kriegten,20 weil sie noch nichts von Dekompressifizierung wussten21 und wie das Blut davon zu Limonade wird.« Du hast laut22 über meinen verständnislosen Blick gestöhnt und »Ach,23 egal« gesagt.24 Doch als wir unserem Verrückten heimlich folgten, erkannte25 ich an dem Helm und dem langen Luftschlauch, den er26 hinterherschleifte, dass du recht hattest.27 Ziellos tappte er über das leere Footballfeld, hinter28 der Tankstelle vorbei und bei Leuten die Einfahrt rauf29 und wieder runter. Er stapfte vorbei an dem geschlossenen30 Feinkostladen an der Ecke, tastete sich wie ein Schlafwandler31 Wände und Fenster entlang und hinterließ große nasse32 Handschuhabdrücke, die zu geisterhaften Salzflecken33 trockneten.34 »Ich geb dir zehn Klötze, wenn du zu ihm hingehst und35 Hallo sagst«, hast du gesagt.36 »Auf keinen Fall«, habe ich gesagt.37 »Dann gehen wir eben beide.«38 »Okay.«39 Wir schlichen uns an ihn heran. Der Geruch war komisch,40 wahrscheinlich wie der des Ozeans, aber dazu kam noch41 ein anderer, süßer Duft, der schwer zu bestimmen war.42 In den Falten seines Anzugs hatte sich roter Staub gesammelt,43 als wäre er nicht nur durch einen Ozean, sondern auch44 durch eine Wüste gegangen. Wir planten gerade unsere45 ersten Sätze, als das trübe, zerkratzte Gesichtsfenster46 sich zu uns umwandte und eine Stimme etwas sagte, was47 wir nicht verstehen konnten. Der Taucher kam knarrend,48 murmelnd auf uns zu. Wir wichen zurück.49 »Wirres Gerede«, habe ich gesagt, aber du hast genau50 hingehört und den Kopf geschüttelt. »Nö, ich glaube,51 das ist ... Japanisch.«52 Er sagte immer wieder denselben Satz – er endete mit53 »tasu-ke-te, tasu-ke-te« oder so ähnlich. Und er streckte54 uns eine Hand entgegen, in der er ein Holzpferdchen55 hielt, das einmal ganz golden geglänzt haben mochte,56 nun aber rissig und sonnengebleicht war und von einer57 Schnur zusammengehalten wurde.58 »Vielleicht sollten wir ihn zu Frau Schlimm-Schlimm59 bringen«, hast du vorgeschlagen und damit die alte Frau60 Katayama gemeint, den einzigen japanischen Menschen61 in unserer Gegend, den wir kannten.62 »Auf keinen Fall«, habe ich gesagt und die Augenbrauen63 hochgezogen, um auf unsere jüngste Begegnung am hinteren64 Zaun anzuspielen, die sich am besten als eine Flut unverständlicher65 Beschimpfungen beschreiben ließ, gefolgt von der Rückgabe66 unseres Modellflugzeugs, das säuberlich in zwei Teile67 geschnitten war – ein weiterer Zuwachs zu unserer Kiste68 mit den unterschiedlichsten Spielsachen, die in den69 Garten der alten Schrulle gefallen und zerlegt zurückgekommen70 waren. Das waren unsere einzigen Begegnungen mit ihr,71 daher »Frau Schlimm-Schlimm«.72 Du hast aus demselben Grund die Augenbrauen hochgezogen,73 aber auch, weil dir eine geniale Idee gekommen ist.74 Warum nicht einen Verrückten im Taucheranzug zu Frau75 Katayamas Vorgarten führen und ihn darin einsperren?76 Mehr gab es nicht zu sagen. Wir machten den Besonderen77 Händedruck der Unverbrüchlichen Abmachung.78 Du hast nach der riesigen behandschuhten Hand des Tauchers79 gegriffen und bist dann plötzlich zurückgezuckt. »Die80 war so komisch und schmierig, hast du später erklärt,81 doch der Typ hatte genug verstanden und ist uns gefolgt,82 ist Gehwege entlanggetappt, über Straßen und durch Schleichwege83 zwischen Häusern hindurch. Jedes Mal, wenn wir stehen84 geblieben sind, um ihn aufholen zu lassen, war sein85 langgezogener, pfeifender Atem lauter geworden. Er stapfte86 uns nach, als schmerzte ihn jedes Gelenk, und der Schlauch87 schleifte hinter ihm her, und eine scheinbar endlose88 Menge Wasser sickerte aus dem ausgefransten Ende. Es89 war mir ganz unheimlich.90 Endlich erreichten wir das gefürchtete Haus mit den91 wuchernden Kirschbäumen. Wir führten unseren Gast durch92 das Gartentor, das wir schon seit Längerem selbst entriegeln93 konnten. Die verwitterten Stufen knarrten unter seinem94 Gewicht. Du hast an der Fliegentür gerüttelt, dann sind95 wir beide davongerannt. Wir haben das Tor hinter uns96 zuschnappen lassen, dabei konnten wir kaum ein Kichern97 unterdrücken und sind hinter die Telefonzelle auf der98 anderen Straßenseite gelaufen, um das zu erwartende99 Drama zu beobachten.100 Wir haben gewartet und gewartet. Und gewartet.101 »Wie blöd«, hast du schließlich gesagt, als dir wieder102 eingefallen ist, dass Frau Schlimm-Schlimm nie die Tür103 aufmachte, auch wenn sie zu Hause war. Wir hatten gewitzelt,104 dass die Tür bloß auf die Wand gemalt war. Einmal hatten105 wir daran geklopft, da hatte sie bloß geschrien: »Wer106 ist da?«, und dann: »Haut ab!« Das erlebte jetzt auch107 unser Freund, der Taucher. Doch er regte sich nicht,108 vielleicht, weil er es nicht verstand, also bestand109 noch Hoffnung, dass uns etwas geboten wurde. Plötzlich110 hob der Taucher die Arme, nahm den Helm ab und ließ111 ihn mit einem lauten Knall auf die Holzbretter fallen.112 Sogar von hinten konnten wir erkennen, dass es ein junger113 Mann mit säuberlich gekämmten, glänzend schwarzen Haaren114 war. Ein weit überraschenderer Anblick war, dass die115 Haustür aufging und die zerbrechliche Silhouette von116 Frau Schlimm-Schlimm zum Vorschein kam. Der Taucher117 wiederholte die japanischen Wörter und hielt ihr das118 Spielzeugpferd hin. Er verstellte uns die Sicht, sodass119 wir nicht viel sahen, nur dass Frau Schlimm-Schlimm120 beide Hände auf den Mund legte. Sie sah aus, als würde121 sie vor Entsetzen gleich in Ohnmacht fallen. Wir konnten122 unser Glück nicht fassen.123 »Moment mal«, hast du gesagt und angestrengt hingesehen,124 »ich glaube, sie ... weint!«125 Und tatsächlich, sie stand in der Tür und schluchzte126 hemmungslos. Waren wir zu weit gegangen? Sie tat uns127 fast schon leid ... aber dann breitete sie ihre blassen128 Streichholzarme aus und schlang sie um die nasse, mit129 Krebstieren behaftete Gestalt auf ihrer Schwelle. Was130 dann passierte, sahen wir nicht, weil wir einander mit131 hochgezogenen Brauen ungläubig anschauten. Dann knallte132 die Fliegentür zu, und wir sahen nur noch das dunkle133 Rechteck der Tür und den Taucherhelm, der in einer Wasserlache134 stand.135 Wir warteten noch lange, doch mehr passierte nicht.136 »Wahrscheinlich hat sie ihn gekannt«, habe ich gesagt,137 als wir um den Block herum nach Hause gingen.138 Wir haben nie herausgefunden, wer der Taucher war oder139 was mit ihm geschehen ist. Aber dann hörten wir nachts140 immer wieder altmodischen Jazz über den Zaun wehen,141 und wir rochen seltsame Kochdünste und hörten leise142 Gesprächsfetzen. Und danach hassten wir Frau Katayama143 nicht mehr, denn nun kam sie den ganzen Weg bis zu unserer144 Haustür, nickte stumm, lächelte kurz und gab uns unsere145 Spielsachen zurück, kaum dass wir sie verloren hatten,146 alle in einem Stück.

Shaun Tan, Geschichten aus der Vorstadt des Universums. Kaputte Spielsachen, übersetzt von Eike Schönfeld, Stuttgart, 2020, S. 21 

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Wähle aus, welche Aussagen unten zutreffen. 

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Die Einleitung gibt dir wichtige Informationen. 
Ziehe sie an die Stelle, wo sie dir im Text erzählt werden. 

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Lies den Text oben. Was erfährst du hier? Wähle dann die korrekten Aussagen. 

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Lies zuerst die Textstelle oben. 
Welche Informationen aus diesem Absatz sind für die Geschichte wichtig? Wähle die beiden wichtigsten aus. 

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Lies zuerst die Textstelle oben. 
Welche Zusammenfassung passt am besten zu diesem Absatz? Klicke ihn an. 

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Was können die Kinder hören, sehen und riechen? Die Gefühle der beiden Kinder werden hier über ihre Sinne deutlich. 
Ziehe die Symbole an die passenden Stellen im Text. 

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Lies die Beschreibung des Spielzeugs, das der Fremde dabei hat. Betrachte dann die Bilder. 
Welche passen zu deiner Vorstellung des Pferdes? 

Bei dieser Aufgabe gibt es kein richtig oder falsch. Sobald du für dich passende Bilder ausgesucht hast, fahre mit dem nächsten Schritt fort.

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Lies den Text zuerst. Was erfährst du hier über die Frau? Wähle alle richtigen Aussagen aus. 

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Was erfährst du in den markierten Teilen des Absatzes?
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Nachdenken und diskutieren

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Finde eine Erklärung

Woher kennen sich der junge Mann im Tauchanzug und Frau Katayama?
Überlege dir ihre Geschichte. Du darfst auch etwas Fantasie benutzen!
Wenn du möchtest, kannst du das Textfeld unten für deine Notizen verwenden.

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Auswertung
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Was die beiden Kinder nicht wissen können ...

Was denken Frau Katayama und der fremde Mann, als sie sich erkennen?
Suche dir eine der beiden Figuren aus und formuliere die Gedanken, die sie haben könnten. Nutze dafür die Überlegung in der vorherigen Aufgabe, wo du dir ihre gemeinsame Geschichte ausgedacht hast.

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